Stichtagsklausel – Entziehung leistungsbezogener Vergütungbestandteile

Stichtagsklausel – Entziehung leistungsbezogener Vergütungbestandteile

In Arbeitsverträgen und/oder Betriebsvereinbarungen sind häufig Regelungen wie z.B. eine Stichtagsklausel im Hinblick auf variable Vergütungsbestandteile getroffen.

Die Auszahlung dieser variablen Vergütungsbestandteile  wird zumeist vom Vorliegen bestimmter Voraussetzungen oder dem Erreichen bestimmter Ziele (wirtschaftliche und/oder individuelle) abhängig gemacht.

Zusätzlich finden sich häufig ergänzende Regelungen, welche die Auszahlung der Bonuszahlung/des variablen Vergütungsbestandteils an den Bestand eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag knüpfen, sog. Stichtagsklausel.

In diesem Zusammenhang hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 12.04.2011, Az. 1 AZR 412/09 wie folgt entschieden:

„Vergütungsbestandteile, die vom Erreichen von persönlichen Zielen und dem Unternehmenserfolg abhängen, sind keine anlass- oder stichtagsbezogenen Sonderzuwendungen des Arbeitgebers, sondern unmittelbare Gegenleistung für eine vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung, die dieser als Arbeitsentgelt für den vereinbarten Zeitraum erhält.

Entstandene Ansprüche auf Arbeitsentgelt für eine bereits erbrachte Arbeitsleistung können von den Betriebsparteien nicht unter die auflösende Bedingung des Bestehens eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag nach Ablauf des Leistungszeitraums gestellt werden. Eine solche Stichtagsklausel bewirkt der Sache nach, dass der Arbeitgeber entgegen § 611 Abs. 1 BGB keine Vergütung für die nach Maßgabe der Zielvereinbarung geleisteten Dienste erbringen muss.

Es stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers dar, wenn diesem eine bereits verdiente Arbeitsvergütung entzogen wird, um eine vom Arbeitnehmer veranlasste Arbeitsplatzaufgabe zu verzögern oder zu verhindern.“

Das Gericht geht dabei davon aus, dass Vergütungsbestandteile, deren Auszahlung von der Erfüllung von dem Arbeitnehmer vorgegebenen Leistungszielen abhängig gemacht wird, als Arbeitsentgelt für bereits erbrachte Arbeitsleistungen anzusehen sind.

Durch eine Stichtagsklausel wie im oben geschilderten Fall, wird dem Arbeitnehmer bereits verdientes Arbeitsentgelt nachträglich wieder entzogen.

Das Bundesarbeitsgericht hält daher eine entsprechende Klausel für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, da durch eine solche Klausel eine bereits verdiente Arbeitsvergütung entzogen wird, um eine vom Arbeitnehmer veranlasste Arbeitsplatzaufgabe zu verzögern oder zu verhindern.

Aus der oben zitierten Entscheidung lässt sich damit der Schluss ziehen, dass bei Bonuszahlungen, die dem Grunde und/oder der Höhe nach von dem Erreichen bestimmter wirtschaftlicher und individueller Ziele und damit von der Leistung des Arbeitnehmers abhängig sind, Stichtagsklauseln ausnahmslos unzulässig sind.

Die Frage, ob tatsächlich eine unzulässige Stichtagsregelung vorliegt, bedarf jedoch im Einzelfall der konkreten und umfassenden Überprüfung.

Benötigen Sie weitere Informationen?
Wir stehen Ihnen gerne für Ihre Fragen zur  Verfügung.

Tel.: 06202 859480